(Mainz, 20. Juli 2017, ok) Die ambulante psychotherapeutische Versorgung von Krebspatienten stößt an ihre zeitlichen und finanziellen Grenzen. Sagt ein Patient einen Termin beispielsweise wegen akuter Nebenwirkungen einer Chemotherapie kurzfristig ab, muss er grundsätzlich die Kosten für den Terminausfall übernehmen. Aus ethischen Gründen verzichten aber viele Psychotherapeuten auf das Ausfallhonorar. Das geht mit einem teils erheblichen Verdienstausfall einher. Im Rahmen des Forschungsprojekts „Psychoonkologische Versorgung bei niedergelassenen Psychotherapeuten“ kam Univ.-Prof. Dr. Susanne Singer von der Universitätsmedizin Mainz zusammen mit einem Team von niedergelassenen Psychotherapeuten zu dem Schluss, dass sich diese Ausfälle durch kurzfristige Terminvergaben für Krisenfälle anderer Betroffener ausgleichen lassen. Der positive Nebeneffekt dieser Lösung im Falle ihre Umsetzung: Für dringend benötigte kurzfristige psychotherapeutische Termine wären Ressourcen vorhanden. Die Helmut-Wölte-Stiftung zeichnete dieses Forschungsprojekt mit dem Helmut-Wölte-Preis für Psychoonkologie 2017 aus. Der Preis ist mit 2.500 Euro dotiert.
55 von 81 im Rahmen einer Studie befragten Psychotherapeuten lehnen es ab, ein Ausfallhonorar von Krebspatienten zu verlangen, wenn diese unverschuldet einen Termin absagen mussten. „68 Prozent gaben an, dass sie in diesen Fällen den Patienten aus moralischen Gründen nicht zur Kasse bitten möchten. Sie nehmen damit finanzielle Einbußen in Kauf, die sich besonders dann bemerkbar machen, wenn viele oder sogar alle Patienten der Praxis Krebspatienten sind“, unterstreicht Prof. Susanne Singer, die im Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI) der Universitätsmedizin Mainz den Bereich Epidemiologie und Versorgungsforschung leitet. „Eine Lösung besteht darin, dass diese Ausfälle durch kurzfristige Terminvergaben für Krisenfälle ausgeglichen werden. Allerdings erhöht dies den organisatorischen Aufwand für die Praxen erheblich, was ebenfalls nicht vergütet wird.“ Jedoch profitierten andere Patienten, die auf kurzfristige Termine angewiesen seien, von diesem Lösungsansatz. Gerade vor dem Hintergrund der bundesweit langen Wartezeiten auf einen Therapieplatz und auf Erstgespräche, stellt die kurzfristige Terminvergabe für Krisenfälle eine wichtige Handlungsoption dar.
Die Helmut-Wölte-Stiftung würdigte das Forschungsprojekt von Prof. Singer und dem Psychotherapeutenteam mit dem Helmut-Wölte-Preis für Psychoonkologie 2017. „Die Ergebnisse werden Anregungen für künftige gesundheitspolitische Entscheidungen geben, so dass langfristig gesehen, ambulante Psychotherapie für Krebsbetroffene in ausreichendem Maße zur Verfügung steht“, begründete die Stiftung ihre Entscheidung.
„Wir hoffen, dass sich auf diesem Wege weitere Therapeuten für die Versorgung von Krebspatienten gewinnen lassen. Sie sehen dadurch, welche Lösungsmöglichkeiten es für Probleme gibt, mit denen sie sich bisher möglicherweise konfrontiert sahen“, so Prof. Singer. Die Versorgungsforscherin hofft zudem, dass die Ergebnisse der Studie Entscheidungsträger veranlassen, Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine adäquate ambulante psychotherapeutische Versorgung der Betroffenen ermöglichen.
Die Studie lässt sich unter <link http: onlinelibrary.wiley.com doi pon.4427 epdf>
onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/pon.4427/epdf
einsehen. Weitere Ergebnisse sind gerade zur Publikation bei der Zeitschrift „Psychotherapeut“ angenommen worden (<link https: link.springer.com journal>).Pressekontakt
Oliver Kreft, Unternehmenskommunikation, Universitätsmedizin Mainz, Telefon 06131 17-7424, Fax 06131 17-3496, E-Mail: <link>pr@unimedizin-mainz.de
Über die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Die Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz ist die einzige medizinische Einrichtung der Supramaximalversorgung in Rheinland-Pfalz und ein international anerkannter Wissenschaftsstandort. Sie umfasst mehr als 60 Kliniken, Institute und Abteilungen, die fächerübergreifend zusammenarbeiten. Hochspezialisierte Patientenversorgung, Forschung und Lehre bilden in der Universitätsmedizin Mainz eine untrennbare Einheit. Rund 3.300 Studierende der Medizin und Zahnmedizin werden in Mainz ausgebildet. Mit rund 7.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist die Universitätsmedizin zudem einer der größten Arbeitgeber der Region und ein wichtiger Wachstums- und Innovationsmotor. Weitere Informationen im Internet unter <link http: www.unimedizin-mainz.de>www.unimedizin-mainz.de