Wissenschaftler der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) haben einen einfachen Mini-Reaktor aus einem in Maschendraht geflochtenen dünnen Kunststoffschlauch entwickelt, in dem chemische Reaktionen unter dem Einfluss von Sonnenlicht als einziger Energiequelle wesentlich schneller ablaufen als in herkömmlichen Aufbauten. Dies verkürzt nicht nur die Reaktionszeit, sondern trägt insbesondere auch zur Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit bei. Die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Till Opatz am Institut für Organische Chemie nutzt dazu einen mehrfach gewundenen, 25 Meter langen Schlauch mit einem Innendurchmesser von einem Millimeter. Das Sonnenlicht initiiert in den Minikapillaren photochemische Reaktionen, wie sie beispielweise auch bei der Photosynthese ablaufen. „Wir haben insgesamt 13 Reaktionen getestet und eine drastische Erhöhung der Reaktionsgeschwindigkeit gesehen“, erklärt Opatz. Der Sunflow-Reaktor ist somit wesentlich effizienter als andere Vorrichtungen mit klassischen Reaktionsgefäßen, beleuchtet durch Energiesparlampen oder Leuchtdioden.
„Grüne Chemie“ ist ein Wachstumsfeld, das hohe Erträge mit der Verwendung von erneuerbaren Ausgangsmaterialien und energiesparenden Techniken erreichen möchte, ohne Schwermetalle oder andere toxische Substanzen einzusetzen. Im Falle von photochemischen Reaktionen liefert Lichteinstrahlung die Energie, um bestimmte chemische Reaktionen in Gang zu setzen. Große Photoreaktoren haben in technischer Hinsicht allerdings verschiedene Nachteile. Vor allem benötigen sie eine relativ lange Einstrahlungszeit, was bei der Nutzung von Sonnenlicht durch den Tag-Nacht-Wechsel oder einen Wetterumschwung problematisch ist.
Im Sunflow-Reaktor der Mainzer Arbeitsgruppe wird im Gegensatz dazu mit einem dünnen Schlauch eine sehr große Oberfläche geschaffen, die von der Sonne bestrahlt werden kann. Dadurch werden die jeweiligen Reaktionen wesentlich beschleunigt. So konnten die Chemiker der JGU bei gleichem Ertrag die Reaktionszeit für bestimmte Prozesse von 16 Stunden auf 3 Minuten verkürzen. Dabei wurde mit unterschiedlichen Wellenlängen experimentiert, auch mit Reaktionen, die UV-Strahlung benötigen. „Der UV-Anteil im Sonnenlicht ist eher gering, weshalb wir besonders froh über die überraschend schnellen Umsetzungen waren“, merkt Opatz an. Für die Reaktion selbst ist das Lichtspektrum meist ohne Belang, weil aus dem Sonnenlicht die jeweils „passenden“ Photonen für den Fortgang der Reaktion herausgefiltert werden.
„Der Sunflow-Reaktor ist einfach zu bauen und absolut erschwinglich für jede Arbeitsgruppe, die an umweltfreundlicher Photoflusschemie interessiert ist“, schreiben die Wissenschaftler in ihrer Veröffentlichung. Vergleichbar effiziente und umweltfreundliche Apparaturen für Anwendungen wie Photoredox- und Wasserstoffatomtransfer-Chemie sind bislang nicht bekannt. Die Gruppe um Till Opatz wird die neue Technik künftig in breitem Umfang für ihre eigenen Arbeiten in der Photochemie nutzen.
Video:
<link https: vimeo.com>
Sunflow: Introducing flow photochemistry to the great outdoors
Video/©: <link https: vimeo.com researchsquare videos>Research Square, Februar 2017
Veröffentlichung:
Alexander M. Nauth et al.
Sunflow: Sunlight Drives Fast and Green Photochemical Flow Reactions in Simple Microcapillary Reactors – Application to Photoredox and H-Atom-Transfer Chemistry
European Journal of Organic Chemistry, 28. Dezember 2016
DOI: 10.1002/ejoc.201601394
Weitere Information:
Prof. Dr. Till Opatz
Institut für Organische Chemie
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
55099 Mainz
Tel. +49 6131 39-22272 oder 39-24443
Fax +49 6131 39-22338
E-Mail: <link>opatz@uni-mainz.de<link http: www.chemie.uni-mainz.de oc ak-opatz cv.php>
www.chemie.uni-mainz.de/OC/AK-Opatz/cv.php
Weitere Links:
<link http: onlinelibrary.wiley.com doi ejoc.201601394 abstract>
onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ejoc.201601394/abstract
(Article)<link http: www.uni-mainz.de presse>www.uni-mainz.de/presse/73127.php
(Pressemitteilung vom 22.10.2015 „Holz statt Erdöl: Neuer Weg zur Herstellung chemischer Verbindungen aus nachwachsendem Material entdeckt“)<link http: www.uni-mainz.de presse> (Pressemitteilung vom 13.08.2014 „Neuer interdisziplinärer Arbeitskreis ChemBioMed untersucht medizinisches Potenzial von Naturstoffen“)