Changing discourses of migration: categories, faith-based interpretations and innovative practices – so lautet der Titel der internationalen, englischsprachigen Konferenz, die am 23. November 2018 an der Katholischen Hochschule Mainz stattgefunden hat. Über 100 Teilnehmer diskutierten mit internationalen Gästen über die Entwicklungen in politischen und öffentlichen Migrationsdebatten und ihre Auswirkungen auf zentrale Begriffe, wie Migration und Flucht.
„Die Konferenz hat das Ziel, Perspektiven und Debatten zum Thema Migration aus der Wissenschaft, dem interreligiösen Dialog und der Praxis zusammenzubringen. Eine zentrale Frage ist hierbei, wie wir von glaubensbasierten Erzählungen über Migration und Flucht oder auch Erfahrungen aus der Praxis lernen können. Inwiefern fordern Erzählungen aus Christentum, Islam oder Judentum sowie die Erfahrungen der Praktiker den politischen und öffentlichen Diskurs zu neuem Denken heraus oder bieten einen Anstoß für ein anderes Verständnis von Migranten und Flüchtlingen?“, erläutert der Ideengeber zur Konferenz, Prof. Dr. Bastian Vollmer, Professur für Mikrosoziale Theorie und Empirie der Migration und Integration an der KH Mainz.
Entwickelt habe sich diese Idee bei einer Tagung der International Federation of Catholic Universities (IFCU) in Rom, die Vollmer im vergangenen Jahr mit Kollegen der Hochschule besuchte. Die IFCU ist eine weltweite Organisation von rund 220 katholischen Hochschulen, der die KH Mainz seit 2016 angehört. Mit der Gründung eines internationalen Netzwerks zum Thema Flucht und Migration haben sich die katholischen Universitäten und Hochschulen zum Ziel gesetzt, in Forschung und Lehre sowie durch gesellschaftliches Engagement und Wissenstransfer die Bewältigung der mit dem Thema verbundenen gesellschaftlichen Herausforderungen voranzutreiben. „Wir werden eines der wichtigsten Themen des 21. Jahrhunderts besprechen: das Thema der Migration. Ein Thema, dem sich katholische Hochschulen weltweit aus wissenschaftlichem Interesse und christlicher Verantwortung heraus widmen und das für unsere Hochschule in Lehre, Forschung und Weiterbildung ein Kernthema darstellt“, unterstrich Rektor Prof. Dr. Martin Klose in seiner Begrüßung.
Pater Fabio Baggio, Sprecher der Vatikansektion für Migranten und Flüchtlinge, ging in seinem einleitenden Hauptvortrag auf die mit den gegenwärtigen Migrationsbewegungen verbundenen Chancen und Herausforderungen ein. „Das Phänomen der Migration hat einen direkten und indirekten Einfluss auf einen Großteil der Menschheit auf allen Kontinenten. In den komplexen Debatten über dieses Phänomen gilt es, humanitäre Werte und Mitmenschlichkeit zu stärken und aufrechtzuerhalten. Dabei spielen die katholischen Universitäten und Hochschulen, ihre Studierenden und Professoren, eine zentrale Rolle. Seien Sie versichert, dass Papst Franziskus die Aktivitäten der Hochschulen, und so auch diese Konferenz, mit großem Interesse verfolgt und Sie alle herzlich grüßen lässt“, betonte Baggio.
In drei Gesprächsrunden wurden die Schwerpunkte der Konferenz mit Experten aus Wissenschaft und Praxis sowie den Teilnehmenden diskutiert. „Für die Diskussionsrunden konnten wir Vertreter lokaler, bundesweiter und international-global agierender Institutionen, wie der International Organization for Migration (IOM), gewinnen, womit die Konferenz sozusagen auch eine geographisch-räumliche Brücke zum Thema schlägt. Mit Jorge Nuño Mayer, Generalsekretär von Caritas Europa, durften wir unter den Gästen zudem einen Absolventen unserer Hochschule begrüßen“, freut sich Prof. Dr. Bastian Vollmer.
Zu den ehemaligen Hochschulmitgliedern unter den Referenten zählte auch der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf, der bis 2017 an der KH Mainz als Professor für Pastoraltheologie lehrte. „Als im Jahr 2016 der Studiengang Migration und Integration an der Katholischen Hochschule eingerichtet wurde, ging es den Initiatoren auch darum, zur akademischen Reflexion über die Themen von Migration und Integration beizutragen sowie den Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis zu fördern. Die internationale Fachtagung trägt diesem Anliegen Rechnung. Zugleich leistet sie einen Beitrag dazu, dass in die aktuellen wissenschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Debatten über Migration eine christliche wie auch eine interreligiöse Perspektive eingebracht wird. Ein großer Gewinn ist sicherlich die internationale Ausrichtung der Tagung sowie insbesondere die Anwesenheit von Pater Fabio Baggio von der Sektion für Migranten und Flüchtlinge des Vatikans, eines Mitarbeiters von Papst Franziskus“, bekräftigte Kohlgraf.
Armut, Menschenrechtsverletzungen, Umweltzerstörungen oder schlechte Staatsführung – die Gründe und Formen der Migration sind durch kontinuierliche globale Veränderungen im Laufe der letzten Jahrzehnte zunehmend komplexer geworden. Mit Blick auf die Debatten zur Thematik steht für Prof. Dr. Bastian Vollmer auch künftig der Brückenschlag zwischen Wissenschaft, Religion und Praxis im Fokus. „In diesem aufeinander bezogenen und kooperativen Verhältnis könnten innovative Narrative - also sinnstiftende, wertbildende Erzählungen - entstehen, die den derzeit vorherrschenden Diskursen in Gesellschaft und Politik entgegenwirken.“