Die Bevollmächtigte des Landes Rheinland-Pfalz beim Bund, für Europa und Medien, Staatssekretärin Heike Raab, betonte die Bedeutung der JGU für den Wissenschafts- und Innovationsstandort Rheinland-Pfalz: "Die vergangenen 75 Jahre seit der Wiedergründung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz sind eine beispielslose Erfolgsgeschichte. Dass der weltweit erste hochwirksame Impfstoff gegen das Coronavirus aus Mainz kommt, ist auch Teil dieses Erfolgs und Zeugnis der Innovationskraft dieser Universität und ihres Forschungsumfelds." Dabei stehe die JGU nicht nur für exzellente Forschung, sondern auch für starke Kooperationen im Universitätsverbund, aber auch in die außeruniversitäre Forschungslandschaft. "Dank dieser Verzahnung nimmt die Johannes Gutenberg-Universität Mainz eine zentrale Rolle in der Entwicklung des Landes als Wissenschafts- und Biotechnologiestandort ein. Als Landesregierung werden wir den Biotechnologiesektor in den nächsten Jahren konsequent weiter ausbauen und die nationale und internationale Sichtbarkeit entscheidend stärken", so Staatssekretärin Heike Raab. Sie dankte in diesem Zusammenhang dem Präsidenten der JGU, Prof. Dr. Georg Krausch, der seit Juli 2021 auch als Koordinator des Landes für Biotechnologie dazu beitrage, die Potenziale in diesem Bereich noch besser zu nutzen.
Krausch, zugleich Vorsitzender von German U15, dem Zusammenschluss 15 forschungsstarker Volluniversitäten aus ganz Deutschland, zeigte anschließend am Mainzer Beispiel die herausragende wissenschaftliche Bedeutung der Grundlagenforschung auf. Er stellte exemplarisch drei Forschungsgebiete vor, die sich auch im Titel der Veranstaltung wiederfinden: Dunkle Materie, Quantencomputing und den oben bereits erwähnten COVID-Impfstoff. Sie stehen beispielhaft für verschiedene Stufen des Forschungs- und Entwicklungsprozesses: die grundlegende Erforschung der Dunklen Materie im Rahmen des Exzellenzclusters PRISMA+, die Nutzbarmachung des Quantencomputing, das an der Schwelle zur Anwendung steht, sowie die erfolgreiche Entwicklung eines Impfstoffs, der bereits milliardenfach zum Einsatz gekommen ist und einen Weg aus der Corona-Pandemie weist. "Die aktuellen Erfolge in der Impfstoffentwicklung basieren auf jahrzehntelanger Grundlagenforschung an der JGU und ihrer Medizin, die seitens der Universität, des Landes und des Bundes mit langem Atem finanziert und damit erst ermöglicht wurden. Sie demonstrieren eindrucksvoll, wie wichtig das Investment in freie universitäre Forschung ist. Das gilt auch für das Thema Quantencomputing, bei dem die JGU ganz vorn mit dabei ist und für den Exzellenzcluster PRISMA+, der Erkenntnisse zu den spannendsten und drängendsten Problemen der physikalischen Grundlagenforschung liefert und damit den Status der JGU als international sichtbares und weltweit führendes Zentrum der Teilchen-, Astroteilchen- und Hadronenphysik festigt."
Die genannten Beispiele sind aber nicht nur herausragende Forschungserfolge "made in Mainz". Sie zeigen zudem eindrucksvoll die fundamentale Bedeutung der Grundlagenforschung für den Innovationsstandort Deutschland. Ausgehend von diesem Impuls standen folgende Fragen im Mittelpunkt der anschließenden Diskussion: Wie kann aus Spitzenforschung Innovation werden? Wie also kann Deutschland besser bei Transfer und Ausgründungen werden und inwiefern kann Mainz hier Vorreiter sein? Welche Rahmenbedingungen braucht moderne Grundlagenforschung?
Prof. Dr. Dietmar Harhoff, Direktor am Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb und langjähriger Vorsitzender der Expertenkommission Forschung und Innovation, antwortete auf die Einstiegsfrage, was eine deutsche Universität braucht, um international mithalten zu können: "Wichtig sind vor allem eine internationale Ausstrahlung und eine hohe Attraktivität für international mobile Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Zudem müssen die Bedingungen im Ökosystem einer Universität stimmen – es bedarf der Unterstützung für gründungswillige Forscherinnen und Forscher. Die Universität muss zudem offen sein für die Zusammenarbeit mit Akteuren in Wirtschaft und Gesellschaft."
"Herausragende Forschung gedeiht in einem fruchtbaren, kreativen und stimulierenden Umfeld, dort wo die Interaktion und Kooperation zwischen Universität und dem außeruniversitären Umfeld in Forschung, Gesellschaft und Wirtschaft gelingt. Die Region Mainz mit der JGU und ihrer Universitätsmedizin, ihren Forschungseinrichtungen wie dem Institut für Molekulare Biologie (IMB), dem Institut für Translationale Onkologie (TRON), den Max-Planck-, Fraunhofer-, Helmholtz- und Leibniz-Instituten sowie Unternehmen wie BioNTech und Boehringer Ingelheim ist so ein Ort", sagte Dr. Denis Alt, Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit Rheinland-Pfalz, zur Wissenschaftsregion Mainz und verwies auf die Unterstützung des Landes in der Spitzenforschung. "Wir sehen derzeit, dass die Erfolge der Firma BioNTech bei der Entwicklung eines Impfstoffs gegen COVID-19 weltweite Beachtung finden. Ein geeignetes Forschungsumfeld, in dem neueste Erkenntnisse der Grundlagenforschung schnell in die Anwendung kommen, trägt zu solchen Erfolgen bei. Wir unterstützen daher Forschung in der Breite und der Spitze mit Förderinstrumenten, die sowohl gezielte Anschubfinanzierungen als auch die systematische Stärkung von aus der Wissenschaft heraus entwickelten Forschungsfelder erlauben."
"Wir brauchen eine starke Grundlagenforschung ebenso wie eine starke angewandte Forschung in Deutschland. Vielfältige wissenschaftliche Entdeckungen und Entwicklungen sind Keimzellen für neue Technologien. Umso größer dieses Repertoire ist, umso breiter kann der Transfer neuer technologischer Anwendungen mit funktionierenden Geschäftsmodellen und zugeschnittenen Ausgründungen gelingen. In dem dynamischen Wandel, den wir erleben, wird die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland entscheidend von seiner Innovationsfähigkeit abhängen", hob Prof. Dr.-Ing. Anke Kaysser-Pyzalla, Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), hervor. "Im DLR setzen wir daher auf ein neues gebündeltes Vorstandsressort Innovation und Transfer. Zudem wird in DLR-Forschungsprojekten ein fester Teil des Budgets für den Bereich Transfer reserviert."
In einem Exkurs berichtete Prof. Dr. Sonia Bacca, Professorin für Theoretische Physik am Exzellenzcluster PRISMA+, was für sie die Attraktivität des Standorts Mainz ausmacht und was sie bewogen hat, nach Mainz zu kommen: "Der entscheidende Faktor für meine Rückkehr nach Deutschland war die Tatsache, dass es in Mainz ein Excellenzcluster gibt. Professorin in einem solchen Cluster zu sein bedeutet, in ein großes übergreifendes Forschungsprogramm eingebettet zu sein, in dem viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eng zusammenarbeiten, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Das hat mich gereizt." Nach einer regen Diskussion, an der sich die zahlreichen Gäste aus Politik und Wissenschaft beteiligten, zog Prof. Dr. Günter M. Ziegler, Präsident der Freien Universität Berlin und stellvertretender Vorsitzender von German U15, ein positives Fazit: "Der Parlamentarische Abend der Johannes Gutenberg-Universität Mainz hat wichtige Akteure aus Wissenschaft und Politik zusammengebracht und Anlass für produktive Diskussionen auf und abseits des Podiums geboten. Dabei ging es sowohl um die zahlreichen Erfolge der U15-Universität in Mainz als auch um den Nährboden, den exzellente Grundlagenforschung benötigt, um bahnbrechende Innovationen und produktiven Wissenstransfer hervorzubringen. Die Eröffnung der Ausstellung PRÄZISION des Exzellenzclusters PRISMA+ hat den Abend abgerundet und exemplarisch gezeigt, wie erfolgreiche Grundlagenforschung ganz praktisch aussieht."
Diese Eröffnung der Ausstellung übernahmen die beiden Sprecher von PRISMA+, Prof. Dr. Matthias Neubert und Prof. Dr. Hartmut Wittig. Sie betonten die Bedeutung rein erkenntnisgeleiteter Forschung, wie sie bei PRISMA+ betrieben wird: "Seit jeher ist es der Drang nach Erkenntnis und die Neugier, der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler antreibt, zu einem immer tieferen Verständnis der Natur zu gelangen. Wie unsere Ausstellung zeigt, haben wir bis heute erstaunliche Fortschritte erzielt und mit immer präziseren Messungen und Rechnungen unser Wissen über die fundamentalen Kräfte und die Struktur der Materie erweitert." Die interaktive Ausstellung beleuchtet das Thema Präzision aus vielen verschiedenen Blickwinkeln und verdeutlicht dabei immer wieder, wie Physikerinnen und Physiker bei PRISMA+ mit experimenteller Präzision und innovativen Rechenmethoden unser Verständnis der Welt auf die Probe stellen. "Eine solch innovative Forschung erweitert aber nicht nur unser Wissen, sondern hat auch eine hohe Strahlkraft: Sie macht Mainz als Standort für exzellente Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler attraktiv. Exzellente Köpfe bilden wiederum die Basis für hervorragende Grundlagenforschung. Zudem bedient sie auch ganz praktische Aspekte wie die Spezialisierung von Fachkräften, etwa in den Bereichen Technik und Elektronik."